Mittwoch, 28. August 2013

LP-Review: Philip H. Anselmo & The Illegals – Walk Through Exits Only

Info
Bandname:  Philip H. Anselmo & The Illegals
Albumname:  Walk Through Exits Only
Musikrichtung:  (Bizarre) Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Housecore Records / Season of Mist
Herkunft:  USA
Facebook:  www.facebook.com/Philipillegals
Website:  www.philanselmo.com 

Immer in Bewegung bleiben, scheint so bisschen das Motto von PHILIP ANSELMO zu sein. Trotzdem er fleißig auf Konzertreisen unterwegs ist und nebenbei mal eben ein eigenes Horrorfilm- und Musikfestival auf die Beine stellt, hat er trotzdem Zeit gefunden neben allerlei anderen musikalischen Verpflichtungen, sein erstes Soloalbum aufzunehmen. Dieses habe ich heute auf dem Seziertisch liegen und freue mich schon sehr darauf. Denn was der gute Mann hier verzapft hat, trifft genau meinen Nerv. Ein Album das Seinesgleichen sucht! Der Schlüssel ist im Prinzip nur (wie so oft) die eigene Erwartung. Wer hofft, dass Herr Anselmo sich hier in Eigenzitaten verliert und Altbewährtes mit Blick auf Akzeptanz und Verkaufszahlen nur aufwärmt, dem sei der Zahn gleich gezogen! Natürlich findet man hier und da vereinzelt kleine Färbungen, die zeigen wo der Mann musikalisch herkommt. Dabei bleibt es aber auch! Wer sowieso völlig unbeleckt an das Album herangeht, weil er bisher keinerlei Berührung zum bisherigen Schaffen des Künstlers hatte, umso besser. Ich gehöre zwar nicht zu dieser Gruppe, habe mich aber genau mit dieser Einstellung Walk Through Exits Only hingegeben.

Der Einstieg präsentiert sich mit „Music media is my whore“ als zähfließender schwerfälliger Klumpen bei dem uns PHILIP H. ANSELMO erst einmal eindringlich die Hausordnung vergegenwärtigt. Dieses Stück sollte man also eher als einstimmenden Prolog betrachten bevor die Reise so richtig losgeht, dann gibt es aber kein Zurück mehr.

Rumpelnd holprig springt einem „Battalion of zero“ ins Gesicht. Phil schreit und keift sich die Seele aus dem Leib, während die Band pulsierend wirbelnd ein bleischweres Fundament gießt. Tempo- und Rhythmuswechsel gibt es am laufenden Band. Nichts mit Easy-Listening!
Noch eine ganze Kante energischer tönt „Betrayed“. Kaum hat sich das Ohr orientiert und will sich festhaken, reißt man alles wieder auseinander und schiebt es in andere Richtung. So wirr sich das im ersten Moment anfühlen mag, ist es aber nicht. Es ist trotzdem griffig und durchaus greifbar, man muss sich nur drauf einlassen. Eine skurrile Klangcollage bricht unvermittelt hervor und ebnet den Weg für „Usurper bastard’s rant“.

Das Tempo zieht an und man sieht sich mit einem weiteren energiegeladenen Monster konfrontiert. Knallige Thrash-Riffs mit häufigem Pinch-Harmonics –Einsatz. Zwischenzeitlich scheint sich alles zu einem unentwirrbaren Netz zu verweben und bleibt trotzdem nachvollziehbar. Stimmlich nutzt Phil einmal mehr sein weites Spektrum an Klang- und Zornfarben. Dynamisch, vielschichtig und alles andere als gewöhnlich, schlicht herrlich!

Irrwitzige Breaks und Leads, hypnotische Grooves  im stets kontrollierten Chaos hält „Walk through exits only“ bereit.  Dieser Song ist der Oberhammer! Es gibt dabei so viel zu entdecken und erfahren, dass man gar nicht anders kann, als gebannt zuzuhören. Was einem hier an verschiedensten Elementen geboten wird, verarbeiten andere auf kompletten Alben.  Dabei wirkt es zu jeder Zeit organisch und nicht konstruiert. Eine Gratwanderung! Diese authentische Wut, die Phil Anselmo dem Hören entgegenschleudert, weist sämtliche Shouter der unzähligen Core-Kapellen in die Schranken, die nur kläglich versuchen  wirklich aggressiv zu klingen. Ihm macht so schnell in dieser Disziplin keiner was vor, seine Wut hat Substanz. „I walk through exits only – because I can“. Exakt!

Keine Verschnaufpause, denn „Bedroom destroyer” nimmt an Intensität nicht ab. Der Song prescht nach Vorn und bietet einen wunderbar holprigen Refrain, den man so nicht erwartet und der trotzdem irgendwie perfekt passt. Wer also die Nase voll hat von den ewig gleichen Songs von der Stange, wird hier bestens bedient. Im Ausklang wird es schön schwebend sphärisch, welch  krasser Gegensatz. Aber davon gibt es auf Walk Through Exits Only zum Glück genügend.

„Bedridden“ kommt im ersten Moment etwas zurückhaltender und eher groovelastiger daher. Wirbelt aber im Verlauf wieder genügend Staub auf. Dabei gibt es auch längere Passagen, bei denen man in Ruhe bangen kann, ohne Sorge zu haben, dass einem die Halswirbel in alle Himmelsrichtungen davonfliegen. Kompaktester Song des Albums, deswegen aber nicht schlechter als der Rest!

Unvermittelt knallt einem „Irrelevant walls and computer screens“ um die Ohren. Wieder versprüht man den Hauch des Irrationalen, ein Labsal für meine Ohren. Breaks, Groove, Wucht und Energie ohne Ende. Phil Anselmos Darbietung lässt für Genießer keine Wünsche offen und authentischer geht’s sowieso nicht. Man ist so mitgerissen von seinem ehrlichen Zorn, dass man geneigt ist auf die Frage im Text: „Does one and one make three?“ unterwürfig automatisch mit „Ja“ zu antworten. Das Stück schwenkt abrupt um und entfaltet sich zu einer weiteren grotesken Klangcollage, die den Charakter eines stotternden Flugzeugmotors im Sinkflug innehat. Doch auch das verstummt plötzlich und lässt einen in einem Schwebezustand zurück und allmählich fällt man immer tiefer ins Klangnirwana.

Fazit:
Es ist schwierig zu beschreiben, was einen bei diesem Album erwartet, denn mit bloßen Worten kann man Walk Through Exits Only nicht gerecht werden. PHIL ANSELMO liefert hier einen wunderbar bizarren Wutbrocken ab, der sich in 8 garstige Teile gliedert und sich deutlich von der Masse abhebt. Nichts für Nebenbei, dieses Album will bewusst genossen werden! Die Stücke sind zu jeder Zeit wohltuend authentisch und packend. Es gibt keine Songs im klassischen Strickmuster oder sonstige anbiedernd gefällige Momente und vorhersehbar ist es ebenfalls nicht. Sicherlich mag das den einen oder anderen im ersten Moment etwas ratlos zurücklassen, aber das hängt nun mal auch von den eigenen Hörgewohnheiten ab.

Ich persönlich finde das Album sehr zugänglich und erquickend frisch trotz seiner Sperrigkeit. Eine wohltuende Abwechslung zu den oftmals sehr gleichförmigen Veröffentlichungen anderer Szenevertreter.

Das Einzige was man bemängeln könnte, ist die überschaubare Spielzeit von guten 40 Minuten. In denen präsentiert man jedoch jede Menge brachiale Atmosphäre und wahre Emotionen, verpackt in einem organischen Klanggerüst.
Ein Wutausbruch par excellence - kein Soundtrack zum Kindergeburtstag!

Hörtipps: ALLES und das in Dauerrotation – Nebenwirkungen ausgeschlossen!

Bewertung: 10 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Music media is my whore
02.Battalion of zero
03.Betrayed
04.Usurper bastard’s rant
05.Walk through exits only
06.Bedroom destroyer
07.Bedridden
08.Irrelevant walls and computer screens

Besetzung:
Philip H. Anselmo – Voice and handmade special FX
Marzi Montazeri – Axes and landscrapes
Jose Manuel Gonzalez – Drumbeats
Bennett Bartley – GWB bassdose

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Erschienen ist Walk Through Exits Only als Digipak-CD und auf Vinyl (transparent green vinyl, clear splattered vinyl und grey/red vinyl)



1 Kommentar:

  1. Top Review. Kann die ganzen negativen Reviews überhaupt nicht nachvollziehen. Seit langer langer Zeit läuft bei mir eine Scheibe wieder in Dauerrotation im Player.

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