Info
Bandname:
Accept
Albumname: Objection
Overruled
Musikrichtung: Heavy Metal
Erscheinungsjahr: 1993
Label:
RCA / BMG Ariola
Herkunft:
Deutschland
Facebook: www.facebook.com/accepttheband
Website: www.acceptworldwide.com
Ich weiß gar nicht
genau, ob dieses Album momentan überhaupt regulär erhältlich ist. Es könnte gut
sein, dass man es nur Second-Hand erwerben kann. Schon allein diese Tatsache
ist für mich Grund genug, mich mal der sträflich unterbewerteten Platte
anlässlich ihres 20jährigen Jubiläums intensiv zu widmen.
„Objection Overruled“
stellt für mich das absolute Highlight des ACCEPT-Schaffens dar, das schon mal
vorweg. Es war damals das erste Werk nach der Reunion mit Udo Dirkschneider und
vereint eigentlich alles, was ACCEPT groß gemacht hat, ist aber eine ganze Spur
aggressiver und bissiger als die älteren Platten.
Der etwas zu radiotaugliche
(ami-rockige) „Eat The Heat“-Aufguß mit David Reece am Mikro war alles andere
als überzeugend und so überraschte mich „Objection Overruled“ vom ersten Ton
an. Hier stimmt nach meiner Meinung einfach alles, obwohl ein geeignetes Remastering
klanglich vielleicht noch was reißen könnte.
Dass die Reunion auf Dauer nicht
funktionierte (auch nicht beim zweiten Mal im Jahre 2005) weiß man heute. Wenige
oder womöglich niemand hätte damals gedacht, dass ACCEPT auch perfekt ohne Udo
funktionieren könnten. Dies hat die Band mit Nachfolger Mark Tornillo auf dem
starken „Blood Of The Nations“ eindrucksvoll bewiesen und auch das momentan
aktuelle „Stalingrad“ unterstreicht die These deutlich. Aber um diese Alben
soll es ja heute hier nicht gehen.
„Objection Overruled“ startet mit einem treibenden
Kracher, der das Album nicht besser eröffnen könnte. Udo in Höchstform,
typische ACCEPT-Chöre und ein wunderbares variables Gitarrensolo sowohl in
Darbietung als auch in den verwendeten Klangfarben.
Darauf folgt ein schleppender
Heavy Rocker, der auf den Namen „I don’t wanna be like you“ hört. Wenn mich
nicht alles täuscht war das damals auch eine Singleauskopplung. Auch hier
brilliert Wolf an der Gitarre.
Dann serviert uns die (zu damaliger Zeit auf
Quartettgröße geschrumpfte) Band einen klassischen ACCEPT-Rocker im
Mid-Tempo-Bereich. „Protectors of terror“ überrascht mit einem herrlichen
Pre-Chorus, bei dem sich Udo Dirkscheider als beschwörender giftiger Prediger
entpuppt. Feine Sache. Mir gefällt die Stimmung des Songs und zudem lässt Wolf
hier die Gitarre im Soloteil zum ersten Mal kreissägenartig aufheulen, dass es
mir die Schauer über den Rücken treibt! (Auch nach 20 Jahren intensivem
wiederkehrendem Konsum!!) Sicherlich ist die Beschreibung vielleicht erstmal
schwer nachvollziehbar, aber wer das Album hört, weiß was ich meine.
Im nächsten
Stück macht die Band klar, dass bei ihnen nicht nur das „Metal Heart“ in der
Brust schlägt, sondern sie auch dem Metal gnadenlos verfallen ist. „Slaves to
metal“ ist textlich sicher absolut verzichtbar, präsentiert sich aber dennoch
als mitreißende ACCEPT-Nummer mit gewohnt superber Gitarrenarbeit und stampft
ordentlich.
An Motivationshymnen hat es im Schaffen der Solinger Stahlschmiede
eigentlich auch nie gemangelt und so nimmt auf diesem Album „All or nothing“ besagte
Stelle ein. Treffsicher und gefühlvoll veredelt und saumelodisch. Da stört der
leichte zarte Kitschgeruch nicht sonderlich. Wäre live sicher auch eine
Granate.
Unverzerrt und beschwingt klingt der Einstieg zu „Bulletproof“. Ein Song der
die tiefen Abgründe und Abstürze in den Drogensumpf beschreibt. Trotz des
behaglichen Anfangs baut sich hier ein Brett auf, bei dem Udo energiegeladen
krächzt (wie es beinahe [!!] nur er kann) und die Gitarren röhren mit Druck.
Herrliche Nummer.
Jetzt kommen zwei Stücke, die recht gegensätzlich sind, aber
im Übergang zu einander durch einen Feedback-Bogen verbunden werden. Das sind
zugleich auch die absoluten Übernummern des sowieso extrem starken Albums.
„Amamos la vida“ eröffnet mit balladesken Tönen und mausert sich zur
muskelbepackten Halbballade. Selbst Udo singt (!!) nahezu richtig gefühlvoll
dazu. Eigentlich unnütz zu erwähnen, dass auch hier Wolf Hoffmann an der
Gitarre eine grandiose Darbietung von hauchzart bis energisch sägend, mit allen
Zwischenfacetten, vorführt. Für mich definitiv eines der besten Stücke, die ACCEPT
je veröffentlichten. Suchtpotential!
Dann,
nahtloser Übergang zu „Sick, dirty and mean“. Hier agieren die Herren sehr
abwechslungsreich und mit einer gehörigen Portion Druck. Das Biest zeigt nicht
nur die Zähne, sondern beißt hemmungslos zu! Ein stampfendes Ungetüm, das aber
auch direkt eins auf die 12 verpasst und die Lead-Gitarre sägt wieder
göttlich!! Erhöhtes Suchtpotential.
Nun kommt ein wenig der Wermutstropfen,
zumindest wenn man die CD-Ausgabe besitzt. Auf der Schallplattenhülle ist der
Song zwar auch angegeben, befindet sich tatsächlich aber nicht darauf.
„Donation“ ist zwar beileibe nicht schlecht, passt aber irgendwie nicht richtig
zu den anderen Stücken von „Objection Overruled“. Woran liegt’s? Tja, irgendwie
an der Grundstimmung des Tracks an sich. Hier ist eine deutlich traditionelle
Hard Rock-Färbung zu erkennen, die zu sehr aus dem Rahmen fällt. Im Prinzip
ähnlich wie der Zusatztitel der Japan-Pressung „Rich and famous“. Auch der will
sich nicht so recht einfügen. Macht aber am Ende des Albums in Position des
Bonustracks keinen Schaden. „Donation“ hingegen hemmt den Fluss des Albums
deutlich. Da gefällt mir die Vinylvariante (bei der Kassette war es ebenso), wo
auf „Sick, dirty and mean“ gleich „Just by my own“ folgt, einfach besser, dass
passt.So wirkt „Donation“ irgendwie etwas verloren, wie Joey DeMaio auf ner
Feministinnen-Demo. Egal, nicht mehr zu ändern; kommt halt so ab Werk.
„Just by
my own“ ist ein gefühlvoll getragenes und melodisch verspieltes
Instrumentalstück was verschiedene Stimmungen berührt und dem Gesamteindruck
des Albums noch mehr Tiefe gibt. Da musiziert jemand mit Seele und Verstand. Wunderbar
gemacht. Wer dachte, dass der Silberling in gemäßigtem Gewässer zu Ende
gebracht wird, sieht sich sofort eines Besseren belehrt.
Zuletzt knallt man dem
Zuhörer mit „This one’s for you“ (wie passend) noch mal kräftig einen vor den
Latz. Druckvolle und treibende Nummer, die einen guten Abschluss zu „Objection
Overruled“ bildet. „All guns blazing!“, sozusagen.
Fazit:
Auch nach 20 Jahren
finde ich das Album immer noch reizvoll und kann keine großen
Abnutzungserscheinungen feststellen.
Leider folgte darauf lange nichts ähnlich Kraftvolles
von ACCEPT mehr, da musste man schon bis 2010 warten, als „Blood Of The
Nations“ ans Tageslicht gezerrt wurde. Seitdem läuft der Laden wieder rund,
würde ich behaupten.
Klar, der direkte Nachfolger „Death Row“ aus dem Jahre 1994
war sicher nicht schlecht, aber eben nicht so ausgewogen und faszinierend wie
„Objection Overruled“ und trug einen deutlich modernen Anstrich. Naja und
„Predator“ wiederum zwei Jahre später ging dann noch mal ganz andere Wege. Kurz
darauf war vorerst Schluss und das Kapitel ACCEPT ein weiteres Mal abgehakt.
Ich kann jedem, der mit der Band etwas anfangen kann, dieses Album nur dringend
ans Herz legen, auch wenn es (völlig zu Unrecht!) keinen Kult- oder
Klassikerstatus besitzt. Aber genau das macht die Größe von „Objection
Overruled“ meiner Meinung nach aus. Keine großartigen Hits sondern durchweg
gleichbleibend starke abwechslungsreiche Songs, mit allen ACCEPT -Trademarks,
die sich auch nach jahrelangem Konsum nicht abnutzen und immer noch zu
begeistern wissen.
Anspieltipps: Alles - außer „Donation“
Bewertung: 10 von 10 Punkten
Tracklist:
01 .Objection overruled
02.I don’t wanna be like you
03.Protectors of terror
04.Slaves to metal
05.All or nothing
06.Bulletproof
07.Amamos la vida
08.Sick, dirty & mean
09.Donation
10.Just by my own
11.This one’s for you
Besetzung:
Udo Dirkschneider – Vocals
Wolf Hoffmann – Guitar
Peter Baltes – Bass
Stefan Kaufmann - Drums
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