Info
Bandname: Spiritual Beggars
Albumname: Earth Blues
Musikrichtung: Rock
Erscheinungsjahr: 2013
Label:
InsideOut Music / Century Media
Herkunft: Schweden
Facebook: www.facebook.com/spiritualbeggarsofficial
Website: www.spiritualbeggars.com
Michael Amotts Nebenspielwiese hat zum zweiten Streich mit Sänger
Apollo Papathanasio ausgeholt. Nachdem
auf dem „Back To Zero“-Album eine saubere Kehrtwende im musikalischen Konzept
hingelegt wurde, durfte man nun gespannt sein, wo die Reise diesmal hingeht.
Um
gleich direkt eine Abkürzung zu nehmen: Es geht im Prinzip da weiter, wo man
zuletzt aufgehört hat.
Lediglich auf produktionstechnischer Seite geht es etwas
muffig und verschwommen zur Sache, was auch gleich schon ein direkter
Kritikpunkt an dem Album ist. Das ist mir dann doch eine Spur zu „retro“, aber
gut, gehen wir mal davon aus, es soll so sein und präsentiert sich ganz bewusst
in diesem Gewand. Geschmackssache!
Musikalisch
ist man, wie beim Vorgänger auch, stark dem „Classic Rock“ (gewöhnungsbedürftige Bezeichnung - ich weiß, hat sich aber nun mal so
eingebürgert) verwurzelt. Die Paten heißen hier ganz
klar: DEEP PURPLE, RAINBOW, URIAH HEEP, THIN LIZZY und eine winzige Prise ATOMIC
ROOSTER. Keine schlechten Zutaten möchte ich meinen!
Das Album im Ganzen ist
kein unverzichtbarer Meilenstein geworden, das schon mal vorweg. Ist es
deswegen zu vernachlässigen? Mitnichten! Es ist dennoch ein gutes rundes
Rockalbum, das mit einigen sehr guten Stücken glänzen kann.
Den Anfang macht
„Wise as a serpent“. Taktvorgabe Schlagzeug und los geht das Ganze. Hier wird
also geklotzt und nicht gekleckert, gut so. Rotzige Gitarren und das
widerspenstige Aufbäumen einer röhrenden Hammondorgel, dazu noch ein
eingängiger Refrain und fertig ist die solide, wenn auch nicht allzu überragende
Rocknummer.
Von dieser Sorte gibt es ein paar auf dem Album. „Turn the tide“,
„Road to madness“ und „Dead end town“ hauen da in eine ähnliche Kerbe, ohne ein
purer Abklatsch des Openers zu sein. „Kingmaker“ fällt ebenso in diese
Kategorie, wartet allerdings noch mit einem URIAH HEEP „Ah ha ha“-Chorgesang
auf. Durchaus brauchbare Klangware, die nur nicht mit übermäßigem
Ideenreichtum ausgeliefert wird und sich somit irgendwo im Mittelfeld einfindet.
Kommen wir nun gleich mal zu den Glanztaten von „Earth Blues“, die neben den
ebengenannten ähnlichgearteten Stücken (im weitesten Sinne!) dem Album die
gewisse Tiefe und Reife bringen.
„Sweet magic pain“ kommt herrlich groovig daher,
mit dröhnender Orgel. Hier wechseln sich packende Rhythmik und behagliche
ruhige Momente ab, bevor es zum plötzlich Bruch kommt und ein Klavier eine
bedächtige Stimmung ausbreitet, welche wenig später durch zarte melodische
Gitarrenklänge und Mellotron Ergänzung erfährt. Die Gitarre wird zweistimmig
und als grandiose Steigerung setzt das Klavier Akzente bevor es mit einem
erneuten Bruch zurück zum Anfang geht. Grandios!
Der nächste große Wurf gelingt
der Band mit „Too old to die young“ (klasse Wortspiel übrigens!), definitiv
mein Favorit. Das Ding groovt. Percussionvielfalt, Synthieschwaden und wieder
Mellotron. Auch hier regieren die drastischen Wechsel. Plötzlich weicht die
wabernde Rockmasse einer verträumten Atmosphäre mit Akustikgitarre und
Orgelteppich. Wunderbar harmonisch. Plötzlich rollende Drums. Die Orgel dröhnt,
dass es eine Freude ist. Dann erschüttert ein „gillanesker“ Schrei die
Grundmauern und eine typische Blackmore Gitarrensalve trifft vollends ins
Schwarze, bevor die Nummer in bester RAINBOW-Manier Fahrt aufnimmt. Klasse
gemacht! Geht eigentlich nicht besser.
Raffiniert dargeboten und absolut
gelungen finde ich auch „One man’s curse“. Kurz gesagt: Funky Time! Witzige
Keyboards in Funk-Rhythmik treffen auf dröhnend rotzige Gitarren. Dieser Song gibt
dem Gesamtwerk eine ganz eigene Note mit.
Völlig daneben gegangen ist dagegen aber
das Gitarrenintro von „Hello sorrow“. Noch in freudiger Verzückung nach „Sweet
magic pain“ bekommt man hier dermaßen einen Dämpfer verpasst, dass es einen
erstmal ungebremst auf den Boden brettert und zwar ohne Vorwarnung. Was zum
Teufel ist denn da passiert? Eine schmierig klebrige Melodie, die zu allem Übel
auch noch verdammt nach irgendeinem miesen 80er Popsong klingt. Oh man, das
muss man erstmal verdauen. Zum Glück wird die Benommenheit sofort durch ein THIN
LIZZY-geprägtes Riff (a la Jailbreak) vertrieben. Ja, das stimmt wieder
versöhnlicher, zumindest was die Strophen angeht. Der Refrain fällt eher etwas
mager aus.
Im Anschluss an diese kleine böse Überraschung werde ich schon etwas
nervös, als ich den Songtitel „Dreamer“ lese. Das wird doch nicht etwa eine
Covernummer des Nervengifts SUPERTRAMP sein? Was es zu meiner unendlichen
Erleichterung nicht ist! Ganz im Gegenteil. „Dreamer“ hat extreme URIAH HEEP-Schlagseite
und es fällt nicht schwer, mir dabei David Byron als Sänger vorzustellen. Die
Gitarre spielt hier eher eine sehr untergeordnete Rolle, präsentiert uns aber
ein feines gefühlvolles Solo (wobei Michael Amott die Töne dabei genau nur so
lange stehen lässt, bis sie in ein Feedback übergehen wollen – hier wird mit
Fingerspitzengefühl gearbeitet). „Dreamer“ kann man ruhigen Gewissens als eine
Art Halbballade bezeichnen, denn zum Ende rockt es wieder ordentlich.
Um
die Sache noch komplett zu machen, müssen jetzt noch „Freedom song“ und
„Legends collapse“ zur Sprache kommen. Wobei beide Stücke recht gegensätzlich
sind.
„Freedom song“ ist eine treibende Nummer, mit interessanter Solopassage
und einem mit Akustikgitarren unterlegten guten Refrain.
Wohingegen „Legends
collapse“ wie ein zähfließender bleierner Broken ausgefallen ist, mit düster
dröhnender Orgel, was aber der Vielfältigkeit des Albums sehr zuträglich ist.
Fazit:
„Earth Blues“ ist ein gutes Album geworden, mit vielen Gesichtern, wovon mich
nur die 80er-Pop-Fratze so richtig erschreckt hat.
Was mir auch gut gefällt ist
die Ausgewogenheit zwischen Gitarre und Tasteninstrumenten. Die Gitarrenarbeit
von Michael Amott ist durchgängig songdienlich und durchaus an den passenden
Stellen sehr einfühlsam. Auch seine gewohnt WahWah-geschwängerten Leadsounds
kommen nicht zu kurz.
Sänger Apollo liefert ebenso wieder saubere Arbeit ab und
präsentiert sich erneut als fabelhafter Rocksänger mit markanter Stimme. Da
gibt es meinerseits nichts zu kritisieren.
Es lohnt sich auch, dem Album mehr
als einen Durchlauf zu geben. Tendenziell wächst es eher, nach eigener
Erfahrung. Nichtsdestotrotz ohne weiteres noch steigerungsfähig.
Anspieltipps: „Sweet
magic pain“, „Too old to die young“, „One man’s curse”
Bewertung: 8 von 10
Punkten
Tracklist:
01.Wise as a
serpent
02.Turn the tide
03.Sweet magic pain
04.Hello sorrow
05.One man’s curse
06.Dreamer
07.Too old to die young
08.Kingmaker
09.Road to madness
10.Dead end
town
11.Freedom song
12.Legends collapse
Besetzung:
Michael Amott –
Guitars
Ludwig Witt – Drums
Per Wiberg – Keyboards
Sharlee D’Angelo – Bass
Apollo
Papathanasio – Vocals
Für die Freunde der physischen Tonträger:
Neben
der Standard CD-Variante gibt es auch ein 2CD-Digibook, welches ebenso wie die
Vinylausgaben (ja, auch gibt es verschiedene Farben! [Black, Brown, Roadburn
Blue, Transparent-Yellow-Brown-Orange-Splatter ), 8 Livesongs vom Loud Park
2010 enthält, welche sehr roh rüberkommen. Das scheint wirklich „live“ zu sein!
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