Donnerstag, 5. September 2013

LP-Review: Witherscape – The Inheritance


Info
Bandname:  Witherscape
Albumname:  The Inheritance
Musikrichtung:  Progressive Dark Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Century Media
Herkunft:  Schweden
Facebook:  www.facebook.com/witherscape
Website:  www.witherscape.com


Nein, dies ist keine Newcomer-Rezension. Zwar ist The Inheritance das Debütalbum von WITHERSCAPE, jedoch verbirgt sich dahinter kein geringerer als Dan Swanö. Ich erspare mir hier aus Platzgründen den biografischen Abriss, denn wo der Mann schon überall seine Finger im Spiel hatte, sprengt hier bei weitem den Rahmen. Bei was es sich nun beim gemeinsamen Projekt mit Ragnar Widerberg handelt, wird man den folgenden Zeilen entnehmen können.

Ohne Umwege und Vorgeplänkel findet man sich von der ersten Sekunde an mitten im Geschehen von „Mother of the soul“. Gleich zu Beginn präsentiert Dan seine herrlich satten Growls, immer wieder ein Genuss. Aber ebenso wie der Gesang im Erscheinungsbild ständigen Wechseln unterworfen ist - neben den Growls gibt es Klargesang und alles was dazwischen liegt - so gestaltet sich das musikalische Gewand ebenso facettenreich. Eine packende dynamische Reise durch Stimmungen und Emotionen. Freunde der Crimson-Alben von EDGE OF SANITY dürften die Freudentränen bereits in den Augen stehen und das geht völlig in Ordnung. Lasst es einfach raus!

Vielversprechend ertönt der Beginn zu „Astrid falls“. Nach melodischem Einstieg betritt man atmosphärisch verträumtes Terrain. Auch wenn dies zum Verweilen einlädt, so wird man doch schon bald wieder brachial herausgerissen. Dieses Wechselspiel aus balladesken Takten und wuchtigen Brechern zieht sich durch den ganzen Song. Klar, neu ist das nicht, aber dennoch wirksam und zudem gibt es dazwischen allerlei zu entdecken. Mir gefällt’s!

Wollte man fies sein, würde man „Dead for a day“ als potentiellen Singlehit bezeichnen. Zwar beginnt er getragen mit Akustikgitarre und Klagegesang, mausert sich aber mit dem Refrain als eingängige Death ´n´Roll Nummer. Sehr eingängig, ohne anbiedernd zu sein. Es enthält ein wunderbar melodisches Gitarrensolo und auch hier findet man wieder das klassische „Laut-Leise“-Wendungsmuster. Dieses Stück hallt nach, keine Frage.

Ein schönes Kontrastprogramm zum treibenden Charakter des Vorgängerstücks entfaltet sich, zart und instrumentiert und mit hauchendem Gesang, „Dying for the sun“. Wie zu erwarten war, ändert sich das Erscheinungsbild natürlich wieder nach wenigen Takten. Eine vielschichtige Prognummer mit unterschiedlichen Färbungen und treffsicher arrangiert. Es gibt sowohl vordergründig als auch im Hintergrund viele kleine Details zu entdecken, da lohnt sich die Entdeckungsreise unterm Kopfhörer. Sehr gelungen finde ich auch die Passage im Mittelteil des Songs, die in ihrer Gestalt an Edvard Griegs „Hall of the mountain king“ aus der Peer Gynt-Suite erinnert. Die Keyboardsounds gefallen im stilechten Prog-Gewandt, selbst ein Moogsolo bekommt man geboten.

Treibend aber mit stampfendem Unterton prescht „To the calling of blood and dreams“ heran. Gerade die Chöre lassen mich an SYMPHONY X denken, selbst der energische Klargesang treibt diese Assoziation noch weiter voran. Eigentlich unnütz zu erwähnen, dass auch bei diesem Song das Songwriting fernab jeglicher Eindimensionalität stattfindet.

Das Intro zu „The math of the myth“ weist Keyboardklänge auf, die mir persönlich zu sehr synthetisch verklebt sind, da sich diese aber nicht sonderlich ausbreiten, bleibt meine gute Laune ungetrübt. Diesen Ausrutscher kann ich verzeihen. Grenzwertig sind sicher die abgespacten Soundeffekte auf der Stimme in einigen Momenten, aber irgendwie hat das aber auch was für sich. Ein etwas tastendominiertes Stück, aber auch sehr interessant und packend dargeboten.
Herrlich satte Growls klatscht man uns mit „Crawling from validity“ entgegen. Da könnte ich stundenlang zuhören. Ein weiteres vielschichtiges Stück, mit jeder Menge Druck und Energie, schön angeproggt, so etwas hält den Hörer bei der Stange.

Nach seichtem Einstieg zu „The wedlock observation“ dauert es nicht lange und man ist wieder im bewährten Wechselspiel zwischen verträumtem Gefühl und brachialen Ausbrüchen. Zum Ende hin wird es richtig atmosphärisch mit epischen Momenten. Gesanglich glänzt man hier, wie eigentlich auf dem gesamten Album, in allen Facetten. Ein variabler und der jeweiligen Grundstimmung angepasster Gesang ist ebenso wichtig, wie treffsichere und raffinierte Arrangements der Instrumente. Genau das bekommt man von WITHERSCAPE auf ihrem Debüt in jeder noch so kleinen Nuance geboten, da dürften so schnell keine Abnutzungen der Hörfreude auszumachen sein. So direkt und ungeschminkt der Einstieg zum Album war, gestaltet sich auch das Ende, denn „The wedlock observation“ endet unvermittelt und abrupt.

Damit der überraschte Hörer jetzt nicht panisch und mit Schweißperlen auf der Stirn zur Anlage rennt, um schleunigst alle Anschlüsse zu prüfen gibt es noch ein kleines feines Piano-Instrumental zu bestaunen, welches dem Album seinen Namen gab.

Fazit:
Ein rundum gelungenes Debüt das richtig Spaß macht. Durch die abwechslungsreichen und vielschichtigen Songs kommt keine Langeweile auf und mit Sicherheit gibt es auch nach dem 20. Durchlauf genug zu entdecken. Trotz der progressiven Machart enthält es genügend packende Momente, die den interessierten Hörer, der bisher nichts mit der Materie zu tun hatte, dieses Genre näher bringen können. Ein interessantes Werk, das alles andere als eindimensional ausfällt und trotzdem keinen überfordern dürfte. Da bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass WITHERSCAPE keine Eintagsfliege ist, was ja bei Dan Swanö nicht allzu unwahrscheinlich wäre.

Hörtipps: eigentlich alles, lediglich das Titelstück ist nicht direkt repräsentativ

Bewertung: 9 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Mother of the soul
02.Astrid falls
03.Dead for a day
04.Dying for the sun
05.To the calling of blood and dreams
06.The math of the myth
07.Crawling from validity
08.The wedlock observation
09.The inheritance

Besetzung:
Dan Swanö – Clean & Growling vocals, Drums, Keyboards
Ragnar Widerberg – Guitars, Bass

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Neben der klassischen CD gibt es natürlich die Vinylausgabe (erhältlich als black vinyl oder transparent blue vinyl), welche aber sehr hörerfreundlich die Compact Disc als Bonus enthält. So kommt dann auch der Vinylfanatiker in den Genuss der 2 Bonustracks, die man nicht mit auf die Langrille gepresst hat.

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