Sonntag, 15. September 2013

LP-Review: Lingua Mortis Orchestra feat. Rage – LMO

Info
Bandname:  Lingua Mortis Orchestra feat. Rage
Albumname:  LMO
Musikrichtung:  Symphonic Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Nuclear Blast
Herkunft:  Deutschland
Facebook:  de-de.facebook.com/Linguamortisorchestra
Website:  www.rage-on.de/lmo.html

Orchester trifft Metal-Band lautet heute die Überschrift zum Review. Im Speziellen geht es um RAGE, die sich vor ein paar Jahren dazu entschlossen, ihre Bombast-Ausflüge nun unter separatem Banner zu veröffentlichen. Das erste Ergebnis hierzu liegt nun vor und hört auf den Namen LMO. Wie immer im Vorfeld solcher Veröffentlichungen geht mal wieder die Diskussion los, wer denn eigentlich mit dieser Symbiose als Erstes um die Ecke kam. Fakt ist, Lars Ulrichs Gelddruckmaschine dürfte seinerzeit den größten Profit mit wenig Aufwand aus der Sache gezogen haben. Von RAGE bekommt man keine halben Sachen vorgesetzt, somit dürfte klar sein, dass bei diesem Album mehr drin steckt als lieblos mit Streichern ergänzte Hits aus alten Tagen. Denn alle Stücke sind eigens für Orchester und Band komponiert worden. So wie sich das gehört!
Wer nun angesichts der Bezeichnung LINGUA MORTIS ORCHESTRA feat. RAGE erwartet, dass das Resultat genau so klingt, dem sei vorweg gleich gesagt, eigentlich müsste es genau andersrum benannt werden, denn das dominante Element im Gesamtsound sind RAGE und leider nicht das Orchester. Im Prinzip ähnlich wie man es bereits aus der Vergangenheit kennt, obwohl man dem Orchester stellenweise schon mehr Platz einräumt als auf älteren Veröffentlichungen. Deshalb war ich im ersten Moment leicht enttäuscht, denn ich hatte erwartet, dass man hier noch ein ganzes Stück weitergeht. Aber mit den Erwartungen ist das ja bekanntlich so eine Sache.

Der Opener „Cleansed by fire“ versprüht schon mal eine unheilvolle Atmosphäre. Der Spannungsbogen steigt und steigt mit Chören und Streichern bis letztlich die ganze Band losbricht. Gewohnter Sound, gewohnte Melodieführung. Erste Neuerung ist der Sopran von Dana Harnge, welcher diesem Stück sehr gut steht. Der Refrain kommt sehr wuchtig rüber und das Orchester hat das Zepter fest in der Hand. Die immer wiederkehrenden Chöre gefallen mir auch sehr gut. Sobald die Wucht etwas nachlässt wird sofort der Spannungsbogen wieder enger gezogen. Im Mittelteil, der sich als Instrumentalstück darstellt, dominieren RAGE jedoch das Feld. Victor Smolski brilliert natürlich wie gewohnt, aber das stand ja auch noch nie zur Debatte. Eine sichere Bank, auf die man sich zu Recht verlassen kann, sozusagen. Dieser Song überzeugt mich voll und ganz. Er ist packend und versprüht viel Dynamik. Ebenso ist das Verhältnis Band – Orchester herrlich ausgewogen. So in etwa hatte ich mir das vorgestellt.

Druckvoll prescht im Anschluss „Scapegoat“ hervor. Obwohl hier das Orchester häufig aufspielt, ist das Stück im Endeffekt doch eher eine klassische Metal-Nummer mit Orchesterbegleitung. Zudem hat man mit Hennig Basse noch einen Gastsänger auf Lager, der zwar ganz gut ins Bild passt, aber angesichts Peavy’s charismatischer Stimme eigentlich nicht notwendig ist. Dieser Song hätte auch ohne Orchester auf einer regulären RAGE-Scheibe Platz gefunden. Im Solo zaubert Victor noch ein paar satte Arpeggios aufs Griffbrett, feine Sache. Zuletzt walzt man den nicht allzu prallen Refrain noch mal etwas aus. War jetzt nicht ganz so überzeugend wie das erste Stück.

Dass RAGE bei ihren Veröffentlichungen einen recht modernen und digitalen Sound fahren, ist keine Neuigkeit, man hat sich wohl oder übel auf Grund der großen Klasse des Trios dran gewöhnt, aber gerade bei diesem Projekt hatte ich auf mehr authentische Klangkost gehofft. Das Schlagzeug hört sich gerade bei „The devil’s pride“ viel zu künstlich an, für meinen Geschmack. Der Sopran kommt noch mal gut zur Geltung und auch zusätzlicher weiblicher Klargesang ergänzt bei diesem Song das Klangspektrum. Obwohl mir die Stimme von Jeannette Marchewka nicht sonderlich zusagt, kann man sie durchgehen lassen, aber ist mir zu gewöhnlich. Über weite Strecken des Songs dominieren wieder RAGE die Kanäle. Mal mit gehörigem Druck, dann wieder etwas melodieverliebter. Auch das Stück kann dem Opener nicht das Wasser reichen, lässt sich aber dennoch ganz gut genießen.

Etwas anders sieht das jetzt bei „Lament“ aus. Eine sehr schmalzige Ballade, die es sich in meinen Ohren etwas schwer macht, Halt zu finden. Was neben dem verkitschten Refrain vor allem am schmachtenden Gesang von Jeannette Marchewka liegt. Das geht mir dann doch etwas zu weit. Jetzt stellt sich die Frage: absitzen oder doch aufstehen und die Nadel zum nächsten Stück übersetzen?

Als Nächstes wartet ein kleines Zwischenspiel namens „Oremus“. Victor schießt dabei die Gitarre mit viel Gefühl in die Stratosphäre. Das ist eher atmosphärisch und soll das Kopfkino anregen bevor es mit „Witches’ judge“ wieder amtlich weitergeht.

Die Riffs drücken und das Orchester schiebt noch zusätzlich im Hintergrund. Das groovt wie Hölle! Dann übernehmen RAGE wieder und legen noch etwas Tempo zu. Das Stück ist sehr wechselhaft gebaut und reißt einen mit. Leider kommt mir auch hier das Orchester etwas zu kurz. Die Hauptrolle spielen ganz klar RAGE. Gefällt mir aber trotzdem sehr gut. Sicher ein Garant für grandiose energiegeladene Konzertstimmung. Alles in allem aber dennoch eher ein klassischer Metal-Song.

Aufschlag Orchester. Wieder ausgewogener tönt „Eye for an eye“. Ich kann mir nicht helfen, aber der Refrain klingt eher irgendwie nach GRAVE DIGGER. Zudem ist er auch nicht sonderlich originell und wird etwas überstrapaziert. Gut passt sich erneut der Sopran ein. (Finde ich im Zusammenspiel mit Peavy’s Organ sehr gelungen) Zwischenzeitlich bekommt das Orchester etwas mehr Raum und Victor setzt wieder zu grandiosen Griffbrettabenteuern an. Unterm Strich hat das Stück zwar durchaus seine Momente, aber der Funke, der den Flächenbrand auslöst, ist es trotzdem nicht.

Zum Abschluss wird es noch mal etwas schmalzig. Ein refrainlastiges Stück mit einem weiteren gewöhnungsbedürftigen Duett. Geht zwar stark an meine Schmerzgrenze, aber nervt nicht so wie „Lament“. Was war denn da nur los? Etwas versöhnlich stimmt mich der herrlich angeproggte Part in der zweiten Hälfte, bevor er gnadenlos vom Refrain ausgelöscht wird. Schade eigentlich!

Als Bonustracks warten nun noch zwei alte Stück vom Welcome To The Other Side Album. Die ursprünglichen Spuren wurden durchs Orchester ergänzt, mehr passiert da aber auch nicht. Geht jedoch als Bonustrack völlig in Ordnung.

Fazit:
Wer die bisherigen RAGE meets Orchester-Ausflüge mochte, wird auch an LMO seine Freude haben. Ich persönlich hätte mir mehr Orchesterlastigkeit gewünscht und auch mehr Kompositionen, die etwas weiter vom Metal-Song entfernt sind. Nichtsdestotrotz kann mich LMO als RAGE-Begeisterten durchaus überzeugen, auch wenn ich nicht alle Songs gelungen finde, so hat das Album einen gewissen Reiz und vielleicht ist es nur ein Auftakt zu noch größeren ausufernden Bombast-Werken. Wünschen würde ich es mir, aber dann bitte in einer etwas organischeren Produktion und ausgewogenem Mix.
Mich würde ja im direkten Vergleich das Orchester-Album von BLIND GUARDIAN interessieren, aber da ist wohl vorerst weiter Geduld angesagt.

Hörtipps: „Cleansed by fire”, Witches’ judge“

Bewertung: 7 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Cleansed by fire
02.Scapegoat
03.The devil’s bride
04.Lament
05.Oremus
06.Witches’ judge
07.Eye for an eye
08.Afterglow
09.Straight to hell [Orchestra version] (Bonustrack)
10.One more time [Orchestra version] (Bonustrack)

Besetzung:
Peavy Wagner – Vocals, Bass
Victor Smolski – Guitars, Cello, Keyboards, Piano, Sitar
André Hilgers – Drums
Jeannette Marchewka – Vocals
Dana Harnge – Sopran
Symphony Orchestra „Orquestra Barcelona Filharmonia“
Daniel Antoli I Plaza – Conductor

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Zusätzlich zur Veröffentlichung auf Vinyl (black vinyl, transparent orange vinyl), gibt es die Standard-CD sowie die CD/DVD-Digibook-Ausgabe.

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