Dienstag, 17. Dezember 2013

CD-Review: Christer Borg - Christeriania



Info:
Bandname: Christer Borg
Albumname:  Christeriania
Musikrichtung:  alternative
Erscheinungsjahr:  2011
Label: Föusk Records
Herkunft: Norwegen
Website: www.facebook.com/christeriania

Hallo liebe Leser!

Neulich campierte ich 3 Tage vor meinem Briefkasten. Der Grund dafür war die gespannte Erwartung eines Päckchens aus Norwegen. Meine Meinung nach Tagen ununterbrochenem Hörens, muss ich zugeben, dass ich mehr als überrascht bin. Aber lest selbst…


Das Album Christeriania beginnt mit dem Titel „Morten Harket“, für diejenigen, welche just in diesem Augenblicke rätseln, wo sie diesen Namen schon gehört haben, das ist der Sänger der Band A-ha. Das Musikstück gibt’s als Soundcloudfile am Ende des Reviews – sozusagen eine kleine Kostprobe. Der Song hat Energie, Leidenschaft und ordentlich Dynamik. Was das Songwriting betrifft, kann man schon hören wo die Reise hingeht – ausgereifte Harmonien, Synthieeinsatz mit wirklich einprägsamem Charakter, sehr klare Gitarrendistortion, ein interessantes Schlagwerk sowie ausgefeilte Gesangsrhythmik! Das ist schon die Liga, in welcher international erfolgreiche Künstler ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Kein stupider 4/4 Takt - das ist doch schon ein Grund genauer hinzuhören! Und das ist erst der Opener; da kommt Freude auf.


Es folgt eine Nummer, welche durch Klangvielfalt in puncto Percussion aufblüht. Zuerst scheint man aus dem „Morten Harket“-Konzept herausgerissen zu werden, aber bereits nach einer halben Minute ist man in eine andere Dimension versetzt. „Så Kan Du Tru“ hat diesen unbeschwerlichen Charakter, den man nur schwer erklären kann. Die symbiotische Instrumentalisierung lässt mich mit ausgefahrener Kinnlade da sitzen und staunen, wie schier einfach man wirklich sehr eingängige und ausgefeilte Musik verzapfen kann. Der bewusste Einsatz von Synthesizern sowie klassischen Instrumenten und einer wirklich sympathischen Stimme der begleitenden Sängerin Thea Holst, macht auch diesen subtilen Song zu einem kleinen Feuerwerk.

Und schon geht es wieder in die richtige Rockschiene! „Solsangen“, lässt die Rezeptoren auf Hochtouren laufen. Der leichte Punk- und Rock´n´Roll-Kreuzzug geht mit knappen 2 Minuten in die Vollen und vermittelt ein unheimlich positives Empfinden. Das macht einen riesigen Spaß, das Album auf alle Einzelheiten aufzuschlüsseln, weil es so viel zu bieten hat! Und das sage ich schon nach dem dritten Titel, denn es geht munter weiter.

Der nächste Titel – "Vi Dro Tel Leipzig" – hat schon vor dem ersten Hören meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Verarbeitet werden die Erlebnisse einer Reise durch Deutschland. Die Vermittlung dieser Impressionen erfolgt auf eine derart komplexe Art und Weise, dass ich meine Ansichtsweise über die Komplexität anderer Bands noch einmal überdenken muss. Was mich schon fasziniert ist die Beständigkeit in der perfekten Abstimmung, zwischen allen Instrumentengruppen, und da zähle ich auch wieder den Gesang aller Beteiligten. Das ist Wahnsinn wie sich durch „eingeworfene“ Gesänge, Emotionen so gut wiedergeben lassen. Das Songwriting ist jenseits von Gut und Böse und sucht seinesgleichen! Das muss man gehört haben – ein bisschen proggy, ein bisschen rocky, Klasse!


„Skinnhanskan“ – Lederhandschuh. Eine Trompete, welche das Martinshorn immitiert, eröffnet den Song; gefolgt von einer irgendwoher bekannten Gasangsmelodie und einer Hookline, die jedes Kind mit Freude erfüllt, denn sie leitet einen der eingängigsten Refrains ein, die mir bekannt sind. Der Song sprudelt vor Spielfreude und guter Laune, denn er lebt ganz klar von Percussion und gezielter Soundcollage! Und wenn man schon bei Spielfreude ist, reiht sich „Morrastjerne“ mit ein. Der Groove erinnert an La Grange“ von ZZ TOP, der Gesang dürfte meiner Meinung nach noch etwas rauchiger sein, aber dieses Manko wurde mit Coolness übertüncht. An und für sich ist das ein guter Titel, mit Piano und allem was der Titel braucht, doch der Spannugsbogen bleibt im Vergleich zum bisher gehörten dann doch eher flach – ohne enttäuscht zu klingen.


Gut, man könnte jetzt davon ausgehen, dass der Wendepunkt des Albums erreicht worden wäre, aber es wäre vermessen vorzeitige Schlüsse zu ziehen. Darum geht es Erwartungsvoll weiter…
Und das Warten hat sich gelohnt!
Der folgende Titel liest sich vorerst komisch – „Jens Bjørneboe“. Ganz klar ein weiteres Glanzstück auf dem Album. Der Titel eröffnet sich leicht getragen mit einer eingängigen Lead, Maultrommel(!!!) und einer sehr angenehmen Akkordfolge. Die Arbeit mit gezielten Pausen und wirklich abwechslungsreicher Rhythmik, insbesondere vom miteröffnenden Bass, lässt den Titel schon sehr individuell erscheinen, doch der Titel entwickelt sich mit jeder verstrichenen Sekunde. Aus der leicht getragenen Stimmung fährt plötzlich das Tempo hoch und verzerrte Gitarren mit eingängiger Melodie lassen den Song zu einer „ansteckenden“ Nummer werden, denn das Jens Bjørneboe, lässt sich verdammt gut vorrausschauen und hätte vom Songwriting her an kaum einer besseren Passage gebracht werden können. Doch wieder schlägt der Song um – es wird ruhig und bedächtig – der Bass hüllt den Hörer ein und vorsichtig beginnt der Gesang. Ich bekomm ähnliches Gänsehautgefühl beim Hören, wie es mir bei „Victim of Changes“ von Judas Priest ergeht, wenn sich da die Stimmung legt. Und wieder steigert sich die Stimmung und der Song kehrt in seine rockende Passage zurück; normalerweise enden die meisten Titel, wenn so viele Register gezogen wurden, doch hier geht es noch weiter. Der abschließende Part hängt sich mit einer schwerelosen Melodie und wieder hervorragender Arbeit am Bass an das Songgeschehen an; das letztgesungene Wort „Lufmadrassssssssss“, lässt dann noch den nötigen Wortwitz durchdringen und beendet einen über sechsminütigen Song voller bemerkenswerter Schreibkunst und Spielfreude.


Dass Abwechslung, einer der großen Punkte auf dem Album ist, dürfte jedem klar werden. Also legt die Band noch mit ein etwas Funk nach – „Himmelblå“ wird mit einem wieder unbeschreiblich guten Bass angespielt und einem choralem „Wä Chok Wä Hä“ umrahmt, dass es zum Mitnicken zwingt! Der der Part dauert nicht lange an und es erklingt der eigentliche Song, der sich wieder durch sehr angenehmes Songwriting definiert, die Abstimmung aller Instrumente gibt erneut die nötige Würze, von der Gesangsrhythmik kann man keine Ausnahme machen.


Es folgt noch ein Song namens „Vi Går Igjen“, auch ein schöner getragener Song mit unorthodoxer Gesangsrhythmik, allerdings nicht so fesselnd wie der Rest des Albums. Abschließend wäre da noch „Sommern I Nord-Norge“, erneut ein schöner akustischer Titel mit klarer Struktur und dem Charakter, dass er die Sommersonnenwende perfekt begleiten könnte. Melodiös und schwebend geht eines der besten Alben, welches ich bis jetzt hören durfte, zu Ende.

Fazit: Christeriania ist der Spagat zwischen den Musikstilen, den man nur zu selten zu hören bekommt. Es obliegt mir zu sagen, dass das hier ein Überalbum ist, doch es ist haarscharf dran! Ich denke, dass man die Band guten Gewissens im Auge behalten sollte, denn da ist bestimmt noch ein Hammer zu erwarten!

Mit den besten Empfehlungen und einem großen Dank fürs Lesen sagt

Euer Ron

Hörtipps: „Morten Harket“, „Vi Dro Tel Leipzig“, „Jens Bjørneboe

Bewertung:  9 von 10 Punkten

Tracklist:
1. Morten Harket
2. Så Kan Du Tru
3. Solsangen
4. Vi Dro Tel Leipzig
5. Skinnhanskan
6. Morrastjerne
7. Jens Bjørneboe
8. Himmelblå
9. Vi Går Igjen
10. Sommern I Nord-Norge





Besetzung:
Henning Olsen – Percussion, Schlagzeug, Backings
Håvard Ammerud– E-Gitarre, Backings
Christer Borg – Gesang, Bass, akustische Gitarre, Synthesizer

-Gäste-
Vidar Enga – Horn
Bengt Eskil – Klarinette
Bjørn Sundklakk– Piano
Thea Holst – Backings
Hallstein Sandvin – Slidegitarre, Backings

Hier noch der Soundcloudverweis:

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