Samstag, 23. März 2013

CD-Review: We Are Animal - Idolise




Info:
Bandname: We Are Animal
Albumname: Idolise
Musikrichtung: Indie/Rock
Erscheinungsjahr: 2010
Herkunft: Wales
Facebook: www.facebook.com/weareanimal
Website: http://weareanimal5.bandcamp.com/

Dem geneigten Leser unseres Blogs wird es aufgefallen sein. Erscheinungsjahr 2010? Was ist da los? Ganz einfach: We Are Animal sind mir bei einem Konzert im Berliner Lido als Vorband von The Joy Formidable aufgefallen und haben es sich meiner Meinung nach mehr als verdient, einen Beitrag auf New Rock Reviews zu bekommen. Leider ist die einzige Veröffentlichung, die man sich von dieser Band bisher erstehen kann, nicht mehr brandaktuell und fällt somit leider auch aus der Wertung für das Album des Jahres 2013 (wäre sie von diesem Jahr, wäre sie zum jetzigen Stand eine meiner Favoriten gewesen), was mich allerdings nicht davon abgehalten hat, die Scheibe namens „Idolise“ trotzdem zu bewerten.

Die Setlist der fünf Waliser ist mir wegen meiner Unwissenheit über die Band leider entfallen, allerdings bin ich mir mehr als sicher, dass einige Songs von „Idolise“ mit darunter waren. Der Opener namens „1268“ war definitiv dabei und wurde bereits beim Soundcheck vorm Konzert mehrmals angespielt, was mir durch das elektronische Intro im Kopf hängen blieb. Was mir auf der Albumversion auffiel, war die fehlende Intensität der Gitarren, die live natürlich weitaus prägnanter zu hören waren, auf der Platte allerdings bei „1268“ komplett zu fehlen scheinen. Daran Schuld ist nicht unbedingt der beim ersten Hören vermutete Synthesizer, sondern der ungewöhnliche Sound der Gitarren, die ebenjenen Klang haben. Meine erste Vermutung, dass sich dies auf dem ganzen Album so fortsetzen würde, bestätigte sich nicht, denn schon „Unfold Fold“, der ebenfalls auf der Setlist war, wartet wieder mit eindeutig auszumachenden Gitarren auf. Die Produktion dieses Songs ist hier besonders hervorzuheben, denn während der Strophe gibt es einen Wechsel zwischen linker und rechter Gitarre, der dem gesamten Abschnitt einen wellenähnlichen Eindruck verleiht und es mir nicht leicht macht, das Lied aus dem Kopf zu bekommen.

Mit „Black Magic“ folgt der nächste Hit der Platte, bei dem auch textliche Highlights hervorzuheben sind. Vom ersten Vers der Strophe („We saw some movements up in the tree tops / Mind if we ask how you got so high“) bis hin zum Refrain („It's black magic, it's black magic / you can't see it 'cause you're blind“) ein Text, der künstlerisch kreativ ist und durchaus zum Nachdenken anregt. „Hunting“ ist sicher für viele „Idolise“-Hörer nicht einfach, da die Eintönigkeit der Gitarren und die Länge des Songs bei Indie-unerfahrenen Musikliebhabern durchaus für leichte Kopfschmerzen sorgen könnten. Allerdings unterstreicht dieser Song den Abwechslungsreichtum des Albums, da die Jungs definitiv musikalisch experimentieren, anstatt stur bei einer Songstruktur zu bleiben, wie man das von vielen normalen und gefeierten Rockbands der Neuzeit kennt.

Es folgen mit den nächsten vier Songs die vier absoluten Highlights auf „Idolise“. Los geht’s mit „No Vacancy“, bei dem die Gitarren eindeutig im Vordergrund stehen. Dieser Titel verkörpert genau das, was ich mir von Indie-Rock vorstelle: Abwechslung, teilweise etwas abgedrehtere Syntheziser-Klänge und trotzdem kommt auch der wichtige Rockeinfluss durch. Wieder ein Hit. Dieselben Zutaten findet man auch bei „Empire“, einem Song mit erneut schrägen Gitarrenklängen, die durch das simple Ziehen der Saite zustande kommen und so für melodische Unterschiede sorgen, obwohl nur ein einziger Ton auf der Gitarre gegriffen wird. Dazu kommt der hämisch auf den großen englischen Nachbarn anmutende Text:

„ We have a fallen empire
that's the word on the streets
we have many conversations
but we don't mention defeat“

Wir haben ein zerstörtes Reich
so sagt man auf den Straßen
wir haben viele Gespräche
aber über Niederlagen sprechen wir nicht“

Und der textliche Wechsel im Refrain von „Yeah / fallen empire“ zu „Your fallen empire“ schreit quasi nach Schmäh auf den Nachbarn.

Nach „Empire“ bekommt man beim Intro zu „Benin“ (ebenfalls auf der Setlist) mal wieder Synthesizer auf die Ohren. Erst im Pre-Chorus kommen zum ersten Mal Gitarren zum Einsatz und durch den Hall auf dem Gesang kommt zumindest bei den Vocals ein leichter Doors-Einfluss durch. Auch hier leisten We Are Animal wieder vorbildliche Arbeit für die Indie-Szene. Schon allein durch die an Super-Mario-Soundtracks erinnernde Syntheziser-Melodie in der Mitte des Songs. Der endgültige Höhepunkt der Scheibe wird für mich mit „Feeding Off the Energy“ erreicht, der durch seinen Rhythmus einfach nur zum Mitrocken einlädt. 45 Minuten. Mehr muss ich dazu nicht sagen.

Der folgende Song, „No Machine“, nimmt die Geschwindigkeit und den Druck wieder heraus und startet etwas ruhiger. Ich würde ihn zwar nicht unbedingt als Lückenfüller bezeichnen, aber die Nummer bietet definitiv eine notwendige Verschnaufpause, die sich mit „Clean Up and Run“, der einzigen balladesk anmutenden Nummer auf „Idolise“, noch etwas fortsetzt. Hier kommen zum ersten Mal etwas mystischere Klänge dazu, die meinen einzigen Kritikpunkt für das Album bringen. Da die Band, wie auch The Joy Formidable, aus Nordwales kommt, hätte ich mir tatsächlich unter einer solchen Songstruktur einen walisischen Text vorstellen können, doch leider muss ich darauf verzichten.

„Super Overdrive“ zeigt sich wieder von der Indie-Seite. Ein Synthie-Intro, kaum Gitarren und diesmal ein etwas abgedrehterer Text. Der Refrain wiederum ist wieder mal ein Ohrwurm, der mir kaum mehr aus dem Ohr geht. Allerdings habe ich das Gefühl bei fast jedem Song auf dem Album. „Animals“ rundet das Album mit einer Art Bandsong ab, was besonders durch den Text im Refrain („We are the animals“) auffällt. Leider ist das Ende nicht dasselbe wie bei ihrem Liveauftritt, als man den ganzen Song nach Velvet-Underground-Manier zerstört hat.

Fazit: Vielen mag vielleicht schon aufgefallen sein, dass ich mein musikalisches Augenmerk immer mal wieder auf Wales lege, aber wie schon Lostprophets, Bullet for My Valentine, Funeral for a Friend, Kids in Glass Houses und The Joy Formidable beweisen auch We Are Animal wieder, dass man mit diesem Verhalten nicht viel falsch machen kann, denn vom kleinen Nachbarn Englands kommen immer mal wieder Bands mit unglaublich viel Potential zum Vorschein. „Idolise“ überzeugt mit seinem Abwechslungsreichtum, Kreativität und der klassisch anmutenden Produktion, bei der man einfach von Anfang an merkt, dass man sich hier nicht von einem großen, auf klinisch reinen Klang fokussierten Label beeinflussen lassen hat. Ich jedenfalls gebe dem Quintett ein sehr gut mit Entwicklungspotential.

Hörtipps: „Unfold Fold“, „No Vacancy“, „Empire“, „Benin“, „Feeding Off the Energy“, „Animals“

Bewertung: 8 von 10 Punkten

Tracklist:
1. 1268
2. Unfold Fold
3. Black Magic
4. Hunting
5. No Vacancy
6. Empire
7. Benin
8. Feeding Off the Energy
9. No Machine
10. Clean Up and Run
11. Super Overdrive
12. Animals

Besetzung:

Owain Ginsberg
Cynyr Hamer
Dion Hamer
Liam Simpson
Carwyn Ginsberg

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